Um zu verstehen, wie Hypnobirthing arbeitet machen wir einen kurzen Ausflug ins Nervensystem.

Sympathikus und Parasymphatikus - die Gegenspieler im vegetativen Nervensystem

Im Nervensystem gibt es einen Teil, der alle Körperfunktionen steuert, die unbewusst ablaufen wie z.B. die Verdauung oder unseren Herzschlag. Dieser Teil des Nervensystems, das vegetative Nervensystem, wird wiederum unterteilt in den sogenannten Sympathikus und den Parasympathikus.

Die Aufgabe des Sympathikus ist: aktivieren/anregen. Der Parasympathikus macht das Gegenteil: er beruhigt.
Optimalerweise arbeiten beide Teile in einem ausgewogenen Verhältnis zusammen.

Der Sympathikus und die Bären

Geraten wir allerdings in eine Notsituation, ist unser Leben (tatsächlich oder gefühlt) bedroht, übernimmt der Sympathikus, vereinfacht gesprochen, für diese Zeit das Ruder und möchte dafür sorgen, dass wir diese Situation überstehen. 

In diesem Alarmzustand kämpfen wir gegen den Bären der uns gegenübersteht oder wir flüchten vor ihm. Wenn beides nicht geht, haben wir eine dritte Möglichkeit: Erstarren.

Was passiert nun (unter anderem) in unserem Körper, wenn wir uns in diesem Alarmzustand befinden?

  • Sauerstoffreiches Blut wird dorthin geleitet wo es gerade gebraucht wird: Arme und Beine (um kämpfen oder flüchten zu können)
  • Stress-Hormone werden ausgeschüttet
  • Die Muskeln spannen sich an

 

Von den inneren Organen wird sauerstoffreiches Blut abgezogen. Es ist nicht von Bedeutung, das Mittagessen ordnungsgemäß zu verdauen, wenn wir einem Bären gegenüberstehen. Auch die Gebärmutter ist nicht Teil des Verteidigungssystems. Das heißt, auch sie ist nicht mehr optimal mit sauerstoffreichem Blut versorgt, wenn der Sympathikus unseren Körper derart aktiviert und sich die Chemie in unserem Körper verändert um alles für Kampf oder Flucht zu mobilisieren. Die Wehen/Wellen hören auf, oder werden schwächer; die ringförmigen Muskelfasern der Gebärmutter, die sich im unteren Teil befinden und sich normalerweise während der Geburt weiten und öffnen, werden fest. Der Geburtsvorgang wird also unterbrochen, weil der Körper Wichtigeres zu tun hat: unser Leben vor dem Bär zu retten.

Die modernen Bären und die Bären der Geburt

Gegen welche Bären kämpfen wir heutzutage? Ganz allgemein kann man den Zustand in dem wir uns befinden wenn der Sympathikus die Oberhand hat, mit Stress bezeichnen. Und was uns im Alltag stresst ist wiederum ganz unterschiedlich. Was stresst Sie? Was bringt Sie ganz persönlich in den Alarmzustand? 

Welche "Bären" lauern bei der Geburt auf uns? Hier haben wir es oft mit Angst zu tun. Angst vor Schmerzen, Angst vor schwierigen Umständen, Angst um unsere Gesundheit oder um die unseres Babys, das Gefühl, ausgeliefert zu sein...

 


Hypnobirthing und der Parasympathikus

Und genau hier setzt Hypnobirthing an. Mit Hypnobirthing kann es gelingen, schon in der Vorbereitung auf die Geburt und natürlich währenddessen das vegetative Nervensystem im Gleichgewicht zu halten und, wenn nötig, den Parasympathikus zu betonen um vom Alarmzustand wieder in den ausgeglichenen Ruhe- bzw. eigentlich Normalzustand zu kommen.

Die Stresserkrankungen in unserer Gesellschaft steigen, was als Zeichen dafür gesehen werden kann, dass wir in unserem ganz normalen Alltag zuviel Zeit im Alarmzustand verbringen, zu oft der Sympathikus die Oberhand hat und unser vegetatives Nervensystem nicht im Gleichgewicht ist.

Der Parasympathikus ist der Gegenspieler zum Sympahikus. Haben wir die Fähigkeit, ganz gezielt den Parasympathikus, also den beruhigenden Teil des Nervensystems, zu stärken, kann es uns gelingen, vom gestressten Alarmzustand wieder in den ausgeglichenen Normalzustand zu kommen. Ist unser System in Balance, laufen alle Körperfunktionen optimal ab und unser Körper hat dann auch genug Ressourcen frei um "Reperatur- und Wartungsarbeiten" im Körper vorzunehmen. Sprich: wir werden gesünder!

Für die Geburt heißt das:
Ist unser vegetatives Nervensystem in Balance, sind die Gebärmutter und Ihr Baby optimal mit sauerstoffreichem Blut versorgt. Es werden genau die richtigen Hormone ausgeschüttet, die die senkrechten Fasern der Gebärmuttermuskulatur anregen sich zusammenzuziehen und die ringförmigen Muskelfasern veranlassen, weich zu werden und sich von den senkrechten Fasern widerstandslos nach oben ziehen zu lassen um sich für das Köpfchen des Babys zu öffnen.

Und wie geht das? Wie können wir dafür sorgen, dass der Parasympathikus am Ruder ist?
Entspannungsübungen, Atemtechniken, Vorstellungsbilder, Berührungen des Partners, als Partner: Sicherheit vermitteln, Wissen über die Vorgänge im Körper während der Geburt,  Ängste schon in der Vorbereitung erkennen, auflösen und durch positive, stärkende Bilder ersetzen....üben, üben, üben.

 

Warum Üben?
Wir verbringen in unserem Alltag oft schon übermäßig viel Zeit im gestressten Alarmzustand.
Zusätzlich hören wir von klein auf, wie schmerzhaft Geburten sind und wie gefährlich - unser Körper lernt hier über Jahre hinweg, Geburt mit dem Sympathikus und dem Kampf-Flucht-Programm zu verbinden. Durch Üben von Entspannungstechniken zur Vorbereitung auf die Geburt kann diese Konditionierung umprogrammiert werden. Beschleunigt wird dieser Umlern-Prozess durch die Selbst-Hypnose-Techniken mit denen wir Blockaden auflösen und gezielt entspannte Zustände verankern können.

 

Und das Beste:
Die gewonnen Einsichten und die geübten Techniken können Sie nicht nur für die Geburt sondern genauso für Ihren Alltag einsetzen: vor und nach der Geburt.

Es zu schaffen, die meiste Zeit des Tages in Balance zu verbringen, in jenem Zustand, den Marie Mongan als den "Heilungsraum" bezeichnet, weil hier der Körper anstehende Wartungs- und Reperaturarbeiten vornehmen kann, kann unsere Gesundheit extrem positiv beeinflussen. Darüberhinaus (Selbsthypnose-)Techniken an der Hand zu haben, mit denen Sie Schmerzen in den Griff bekommen können, anstatt im Griff von Schmerzen zu sein, ist möglicherweise auch hin und wieder für den Alltag brauchbar....